Auf der Erde zu gehen, das ist das Wunder
Lin Chi
Meditative Gedanken Monika Ströbel
Mandalazeichnungen Christa Well
„Das, wovon wir reden, kann durch Suchen nicht gefunden werden, und doch finden es nur Sucher" (Sufi-Weisheit)
Schier grenzenlos sind die Möglichkeiten der Lebenswege geworden. Doch gerade diese Grenzenlosigkeit zeigt uns umso schonungsloser eigene Grenzen, Unsicherheiten, Ängste...
In dieser Zeit des Umbruchs spüren immer mehr Menschen eine tiefe Sehnsucht und tasten auf unsicherem Boden in eine neue Zeit, von der sie „Heilwerden" erhoffen und das Finden von neuen Lebenswerten, die wieder Sinn und innere Fülle schenken können.
Jedes Leben will zur Fülle und zur Reife kommen, will Wurzeln schlagen und seine Blüten zum Licht entfalten.
So erzählt diese Seiten vom immerwährenden Suchen und Finden des Lebens. Es erzählt von den Steinen und Blüten am Wegesrand, will Mut machen aufzubrechen in das große Abenteuer des Lebens. Mandalas und Texte wollen geschaut und erlauscht werden. In diesem meditativen Schauen und Suchen begegnen wir der zeitlosen Ruhe und dem Frieden unserer Seele.
Dort findet sich unser Lebenstraum - und die Kraft, ihn im Alltag zu erschaffen.
Herr, kaum dass ich dieses Büchlein beginne, stecke ich schon in den ersten Schwierigkeiten. Wie soll ich Dich ansprechen? „Herr", dieser Name ist mächtig - doch, wo bleibt die Liebe? Dieser Name grenzt dich ein - jeder Name grenzt Dich ein - viel zu enge Grenzen hat unsere Sprache für Deine Grenzenlosigkeit. Gott, Vater, Meister, sehr große Numinose, Geist, Retter, Urgrund, Urkraft, große Leere, große Fülle ... hat man Dich genannt. Ich bin, der ich bin - mit diesem Namen bist Du Moses im Dornbusch erschienen. Ja, Du bist! Du bist der Seelenfunken allen Lebens, das sich entfaltet. Du ergießt Deine Fülle im blühenden Gottesgarten der Welt. Du vermählst Deinen Geist mit der ewig gebärenden Mutter Natur. Darum, Herr, werde ich Dich Vater nennen - und ich werde Dich Mutter nennen. Mutter und Vater gebären das Leben. In Ehrfurcht und Dankbarkeit will ich dieses mein Leben erfahren, mich auf den Weg machen, Dich zu entdecken in der Tiefe meines Seins.
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Das Ei UND die Henne |
Vater, manchmal bin ich ganz allein - meine Familie, die „normalen" Menschen, sie verstehen mich nicht mehr. Sie halten mich sogar für ein bisserl verrückt. Mitleidig oder befremdet sagen sie: „Na ja, sie spinnt halt wieder mal" oder „komm zurück auf den Teppich!" Vater, danke, dass Du mir den Teppich weggezogen hast. Als ich aus der Norm gestiegen war, fand ich mein Gesetz. Als ich Gebote und Moral gebrochen hatte, fand ich mein Gewissen. Ob ich die Kraft haben werde, ganz auf Deinen Ruf zu vertrauen? Auf den Ruf, auch die schwersten Fesseln zu lösen, die da heißen „ich will", „Besitz" und „Sicherheit". Ob ich die Kraft haben werde, mich dem
Fluss des ewigen Lebens anzuvertrauen, in dem es nichts festzuhalten gibt? Der hl. Franziskus fällt mir ein. Ihn haben sie auch für verrückt erklärt, als er alles losließ, um Dich zu finden, als er ein singender Narr Gottes wurde... Vater, Narren sind grenzenlos. Vater, bist Du ein Narr?
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Mutter, ich wünsche mir, eine Kerze zu sein. Eine Kerze, die den Menschen Licht spendet, wenn es finster ist, eine Kerze, die wärmt in kalten Tagen, eine Kerze, die sich verzehrt in Liebe, um anderen Nahrung zu sein. Vater,
lass mich eine Kerze sein, so wie Du meine Kerze bist.
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Versuch, das triste Grau von Innen und Außen aufzuhellen durch Farbflecke. Aber woher kommt das Licht - muss es von innen wachsen, ohne zu wissen, was es ist?
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Mutter, Hundskamille nennen die Menschen diese Pflanze. Sie ist zu nichts nütze, - Unkraut sagen sie. Auf den Feldern wird sie totgespritzt, damit sie den Nutzpflanzen keinen Platz wegnimmt. Mutter, mit welchem Hochmut halten wir uns für die Krone Deiner Schöpfung? Mutter, auch ich bin eine Hundskamille. Danke, dass Du mich nicht richtest und ausradierst - wie die Menschen.
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Mutter, manchmal halte ich mein Leben wie ein verworrenes Wollknäuel in den Händen. Mit Geduld und Mühe, manchmal auch verzweifelt, suche ich das Durcheinander zu entwirren, meinen Anfangsfaden wiederzufinden. Mutter, ich hoffe auf die Klarheit, meinen Faden nicht mehr zu verlieren. Von der Kunst der Spinne will ich lernen, Faden um Faden zu spinnen, in Ordnung, Klarheit und Transparenz das Netz meines Lebens zu weben.
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Das Gewebe des Lebens |
Schöner, stiller Gefährte der Nacht |
Vater, die Zeiten sind dunkel geworden. Dunkel, zerrissen und voller Elend ist die Welt. Vater, die Menschen finden Dich nicht mehr. Theologen und Dogmatiker streiten Deine Kirchen leer. Vater, die Menschen finden keinen Sinn mehr in Deinen Abbildungen und Symbolen. Vater, Deine Feste sind leer geworden, Konsumrausch, Macht und Geld sind ihr Inhalt. Vater, die Menschen sind hohl geworden. Ihr Kopf hat den
Kinderglauben überholt und ihre Seele findet den Weg nicht, Deine Fülle neu zu erfahren. Vater, kannst Du Deine Kirche nicht leerfegen, so wie einst Jesus im Tempel die Händler und Marktschreier davongejagt hat? Vater, es gibt sie schon, die neuen Besen, die sich mühen, den alten Schrott wegzukehren. Vater, gib den neuen Besen Deine Kraft und die Gnade der Vermehrung, auf dass da wieder aufleuchten kann, was immer da war und ist und sein wird... Vater, wo ist die Mutter?
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Du, ich habe Sehnsucht nach Licht! Warum sitze ich in der Dunkelheit? Es ist kalt - keiner wärmt mich. Mein Herz schreit nach Freiheit - und schmerzt in der Enge. Ich will fröhlich sein! Warum sitzen Tränen in meinen Augen? Unten - oben, Licht und Schatten, Gut und Böse, Vater - Mutter, Gott - Göttin wo findet ihr euch? Ab und an, wenn ich hellwach bin, dann kann ich es fühlen, hören, riechen, schauen... Da spür' ich's einen Moment - weiß „Herrlich, aus dem Sumpf erblüht die Lotosblüte reines Licht erstrahlt." Und dann, - schlafe ich wieder ein, Dunkelheit umhüllt mich, die Lotosblüte verblüht.
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